Neues aus der BVfK-Rechtsabteilung:
Update: EU-Richtlinie über den Warenhandel
Verjährungsfrist bei gebrauchten Fahrzeugen weiterhin auf 1 Jahr reduzierbar
Wir hatten nach Hinzugewinn der Erkenntnisse des 12. Deutschen Autorechtstags bereits über das Bevorstehen einer neuen „Schuldrechtsreform“ berichtet und Entwarnung hinsichtlich der damit einhergehenden Auswirkungen für den Kfz-Handel gegeben. Nachdem der Richtlinienentwurf nunmehr am 15.04.2019 vom europäischen Rat angenommen wurde, haben die nationalen Gesetzgeber nach in Kürze zu erwartender Veröffentlichung im Amtsblatt 2 Jahre lang Zeit, die darin enthaltenen Regelungen in das jeweilige Landesrecht umzusetzen. Grund genug noch einmal einen Blick darauf zu werfen, was jetzt auf den Handel zukommt.
Harmoniebedürftig
Anlass für den Richtlinienentwurf bot nicht etwa eine beobachtete Schieflage bei der Abwicklung von Gewährleistungsfällen, sondern die derzeit vermisste EU-weite Harmonisierung kaufrechtlicher Vorschriften. Die im jeweiligen EU-Mitgliedsstaat geltenden Regelungen weichen mitunter stark voneinander ab, sodass im Sinne eines immer stärker zusammenwachsenden Europas und einer ständigen Ausweitung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs eine Vereinheitlichung aus Sicht des Europaparlaments schier unerlässlich erscheint. Im Fokus steht dabei der Verbraucherschutz.
Es gibt vorerst keinen Grund zur Panik…
… denn die Änderungen sind überschaubar und zum Teil durchaus positiv zu bewerten. Um die schlechte Nachricht vorwegzunehmen: Es bleibt bei der angedeuteten Verlängerung der Beweislastumkehr auf 12 Monate, auch für gebrauchte Sachen. Den Mitgliedstaaten wurde sogar die Möglichkeit der Ausweitung auf 24 Monate eingeräumt, wobei davon auszugehen ist, dass der deutsche Gesetzgeber hiervon keinen Gebrauch machen wird. Diese Vermutungsregel zugunsten des Käufers greift aber nach wie vor nicht, wenn sie mit der Art des Mangels oder der Kaufsache unvereinbar ist (Beispiel: Verschleißteile). Dennoch ein für den Handel nachteiliger Aspekt, dessen Auswirkungen zu beobachten sein werden.
Spannend wird es zudem bei Waren mit digitalen Inhalten, mit denen auch Fahrzeuge zunehmend versorgt werden. Dem Verbraucher soll ein Recht auf Updates innerhalb eines „angemessenen Zeitraums“ eingeräumt werden. Dieser beurteilt sich nach Art und Zweck der zu aktualisierenden Funktion. Eine eher ungenaue Beschreibung, die sicher Anlass für Diskussionen bieten wird.
Händlerfreundlich ist hingegen der Umstand, dass der Käufer seine Rechte verlieren soll, wenn er nicht innerhalb eines Zeitraums von 2 Monaten auf die Vertragswidrigkeit/den Defekt hinweist. Jedenfalls kann der deutsche Gesetzgeber von einer solchen Regelung laut Richtlinie ausdrücklich Gebrauch machen.
Haftungsfrist vs. Verjährungsfrist – Alles auf Anfang?
Für viel Aufsehen hatte die 2017 ergangene Ferenschild-Entscheidung des EuGH gesorgt, infolge derer der BVfK zur Schaffung von Rechtssicherheit und zu Vermeidung im Raum stehender Abmahngefahren seine Vertragsformulare angepasst hatte.
Nach dem Urteil soll entgegen der derzeit nationalen Regelung nur die Haftungsfrist, also der Zeitraum, innerhalb dessen ein Mangel auftritt, auf ein Jahr verkürzt werden können, nicht jedoch die Verjährungsfrist, innerhalb derer der Käufer seine Ansprüche geltend machen kann. Diese soll unabdingbar 2 Jahre betragen.
Mit Erstaunen liest man allerdings nun in Artikel 10 Abs. 6 der Richtlinie:
„Die Mitgliedsaaten können vorsehen, dass sich der Verkäufer und der Verbraucher im Falle von gebrauchten Waren auf Vertragsklauseln oder Vereinbarungen über kürzere Haftungszeiträume oder Verjährungsfristen […] einigen können, sofern diese kürzeren Fristen ein Jahr nicht unterschreiten.“
Auch die bereits veröffentlichten Erwägungsgründe der Richtlinie lassen darauf schließen, dass der Gesetzgeber den Besonderheiten gebrauchter Waren und deren oftmals schwer abzuschätzender Beschaffenheit Rechnung tragen möchte. Zwar steht die Umsetzung in nationales Recht, die nach derzeitigem Stand spätestens Mitte 2021 erfolgt sein muss, noch aus. Man darf aber vorsichtig optimistisch sein, dass der Gesetzgeber am bisherigen Gesetzeswortlaut festhalten und demnach die Verkürzung der Verjährungsfrist zulassen wird. Für Kfz-Händler eine äußerst begrüßenswerte Prognose!
Was bedeutet das aber für den status quo?
Derzeitige Verträge, die eine Haftungsverkürzung auf 1 Jahr vorsehen, könnten vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung nach wie vor angreifbar sein. Stellt man im Vertrag nicht im Sinne des EuGH ausdrücklich klar, dass ausschließlich die Haftungsfrist (1 Jahr) und nicht die Verjährungsfrist (2 Jahre) verkürzt werden soll, so haftet der Händler im schlimmsten Fall volle 2 Jahre für das Auftreten von Mängeln. Im Wege richtlinienkonformer Auslegung wäre nämlich der Bestandteil der gesetzlichen Norm, welche die Fristverkürzung ermöglicht, schlicht zu streichen. Dies hätte zur Folge, dass gebrauchte Waren wie neue zu behandeln wären. Deshalb hat sich der BVfK an vielen Fronten ausdrücklich für Anpassungen der Verträge ausgesprochen und an Veranstaltungen teilgenommen, die Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren haben. Weiterhin empfehlen wir derzeit auch die Verwendung der BVfK-Formulare mit angepasster Klausel. Jedenfalls so lange, bis der Gesetzgeber reagiert hat oder eine anderweitige Klarstellung erfolgt.
Man könnte sich aber auch auf den Standpunkt stellen, dass eine Anpassung der Vorschriften gar nicht nötig ist. Wenn die Richtlinie nunmehr vorsieht, dass sowohl Haftungs- als auch Verjährungsfrist verkürzt werden können, steht die hierzulande geltende Regelung dem nämlich nicht entgegen. Sollte es zwischenzeitlich zu einem Streitfall kommen, bei dem die Verjährungseinrede eine Rolle spielt, bestehen somit durchaus gute Chancen, die Verjährungsverkürzung im Wege richtlinienkonformer Auslegung aufrechtzuerhalten!
Der BVfK wird die Entwicklungen beobachten und auswerten und fortlaufend an dieser Stelle berichten!
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